Opel Abgasskandal
Im Opel Abgasskandal wird dem Rüsselsheimer Autohersteller vorgeworfen, eine Abschalteinrichtung in hunderttausende Fahrzeuge eingebaut zu haben. Ein offizieller Rückruf setzte sich im November 2019 durch.
Auch Opel ist vom Diesel Abgasskandal betroffen. Bereits Ende 2015 wurden zum ersten Mal Abschalteinrichtungen in Dieselmodellen gefunden. In den Modellen Insignia, Cascada und Zafira wurden sogenannte „Thermofenster“ zur Steuerung der Abgaswerte eingesetzt. Der Autobauer betrachtet die Motorsteuerungsfunktion als eine Technik für den Motorschutz, verweist auf Vorschriften und streitet noch immer die Unzulässigkeit der Software ab. Im darauffolgenden Jahr bot der Automobilhersteller 90.000 Fahrern der Modelle Insignia, Cascada und Zafira der Baujahre 2013 bis 2016 ein Diesel Software-Update zur Reinigung an. Laut Opel sollte dies aber kein Rückruf, sondern eine freiwillige kostenlose Service-Aktion sein.
Welche Art der Abgasreinigung gibt es bei Opel?
Fahrzeughersteller verwenden unzulässige Abschalteinrichtungen, um den Ausstoß von Fahrzeugabgasen auf dem Prüfstand zu verringern. Die Reinigung wird heruntergefahren, sobald sich die Fahrzeuge im Straßenverkehr befinden. Dafür werden mehr Stickstoffoxide in die Luft abgegeben, als es nach EU-Recht erlaubt ist. Vorgeschriebene Grenzwerte und positive Einstufungen bei der Abgasnorm sollen somit erzielt werden.
Opel setzte Thermofenster als Abschalteinrichtungen ein. Diese beeinflussen die Abgasreinigung, indem sie auf die Außentemperatur reagieren. Gefährliche Stickoxide in einem definierten Temperaturfenster von 17 bis 33 Grad können so gedrosselt werden. Außerhalb dieses Temperaturbereichs fahren Thermofenster die Abgasreinigung herunter, sodass das Fahrzeug viel mehr giftiges NOx ausstößt als angegeben. Bei den meisten Autos kommt es erst unter 10 Grad Celsius dazu, bei Opel-Fahrzeugen schon bei unter 17 Grad Celsius.
Welche offiziellen Rückrufe gibt es im Opel Abgasskandal?
Dem Kraftfahrt-Bundesamt dauerte der freiwillige Reinigungsprozess zu lange und auch der Verdacht auf unzulässige Abgasmanipulationen spitzte sich parallel zu.
So kam es im weiteren Verlauf zu den folgenden offiziellen Rückrufen:
- Juli 2018
Aufgrund eines möglichen Kraftstoffverlusts am Filter wurden in Deutschland knapp 2.500 Transporter des Modells Movano zurückgerufen. Im Rahmen einer kleineren Aktion benötigten sie ein Diesel Software-Update in der Werkstatt.
- Oktober 2018
Am 15.10.2018 wurden mehrere Razzien beim Autobauer an den Standorten Rüsselsheim und Kaiserslautern durchgeführt. Eine erneute Entdeckung durch Gutachter des Kraftfahrt-Bundesamtes bestätigte den Einsatz von verbotenen Abgasreinigungssystemen. Dies führte am 17.10.2018 zu einem Zwangsrückruf von 100.000 Opel Dieselfahrzeugen. In einer offiziellen Stellungnahme der Opel Automobile GmbH betonte der Autobauer, dass ursprünglich rund 31.200 Fahrzeuge in Deutschland davon betroffen waren. Doch mehr als 22.000 wurden laut eigenen Angaben von Opel im Rahmen der Service-Maßnahme bereits umgerüstet. Der Rückruf betreffe zu diesem Zeitpunkt nur noch weniger als 9.200 Fahrzeuge.
Laut den Gutachtern war die Software in den Modellen so programmiert, dass die Abgasreinigungsanlage ab 145 km/h beziehungsweise oberhalb von 2.400 Umdrehungen oder einem Umgebungsdruck unter 915 bar nicht mehr einwandfrei arbeitete. Bei den Autos handelt es sich überwiegend um Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 6. Diese sind noch recht neu und sollten daher den gesetzlichen Grenzwerten Folge leisten.
Die Behörden leiteten ein Verfahren gegen die Rüsselsheimer in die Wege. Sie setzten ihnen eine Frist, in der sie eine Erklärung erwarteten, um den bereits angesetzten Rückruf final durchsetzen zu können. Als Reaktion darauf reichte der Autobauer, genauso wie es Mercedes-Benz im Abgasskandal tat, Anfang November 2018 einen Eilantrag ein. Er wollte gegen den Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt vorgehen. Opel stritt darin alle Vorwürfe ab. Das Beschwerdeverfahren ging anschließend zur nächsten Instanz, dem Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein, über.
- Mai 2019
Es kam zu einem weiteren Rückruf. Zwei Benzinmodelle von Opel und somit 200.000 Fahrzeuge, 54.000 allein in Deutschland, waren betroffen: Der Opel Adam und der Opel Corsa mit dem 1,2 und 1,4-Liter Ottomotor sowie dem 1,4-Liter-LPG-Motor und der noch sehr neuen Abgasnorm Euro 6d. Nach über 50.000 gefahrenen Kilometern konnte es bei beiden zu einem Defekt der Lambdasonde kommen. Dieser hätte die Grenzwerte der Abgase überschreiten können.
- November 2019
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein lehnte die Beschwerde von Opel ab. Der bereits angesetzte Rückruf hatte sich final durchgesetzt, sodass die Modelle Insignia, Zafira und Cascada offiziell zurückgerufen wurden.
Welche Opel Motoren und Modelle sind betroffen?
Von dem offiziellen Rückruf mit dem Code 17-R-021 im November 2019 sind folgende Modelle betroffen:
- Cascada 2.0 CDTi (Baujahr: 2012 bis 2016)
- Insignia 2.0 CDTi (Baujahr: 2014 bis 2016)
- Zafira 1.6 und 2.0 CDTi (Baujahr: 2012 bis 2016)
Neben diesen Modellen spricht der Pflichtrückruf mit dem Code 17-R-002 auch einen Fahrzeugtyp aus der Nutzfahrzeugsparte des Autobauers an:
- Movano (Baujahr: 2016)
Der dritte Rückruf mit dem Code 19-N-036 durch das Kraftfahrt-Bundesamt betrifft die beiden Benziner Fahrzeugmodelle:
- Adam (Baujahr: 2018 bis 2019)
- Corsa (Baujahr: 2018 bis 2019)
Womit müssen betroffene Fahrzeughalter bei Opel rechnen?
Betroffene Fahrer müssen einem verpflichtenden Rückruf Folge leisten und eine Werkstatt aufsuchen. Die Abschalteinrichtung kann dort entfernt und ein Diesel Software-Update aufgespielt werden. Es steht ihnen frei, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen oder mittels einer Klage Schadensersatz für ihren Diesel fordern möchten. Reagieren sie auf den Rückruf gar nicht, kann es aufgrund einer Nichtdurchführung der Servicemaßnahme zu einer Stilllegung des Diesel-Fahrzeugs durch das Kraftfahrt-Bundesamt kommen.
Die Folgen des Diesel Software-Updates können besonders auch längerfristige, unvorhersehbare Risiken bergen. Laut Berichten kann es zu einem höheren Spritverbrauch (Mehrverbrauch) und einem extremen Verschleiß von Bauteilen kommen. Zudem können Leistungsverlust und eine sogenannte „Versottung“ des Abgasrückführungsventils Konsequenzen eines solchen Updates sein. Im schlimmsten Fall kann das Update auch zu Motorausfällen führen.
Darüber hinaus sind viele Opel Fahrer von Diesel Fahrverboten betroffen. Grund dafür sind die Abgasnormen, deren Grenzwerte durch den erhöhten Ausstoß an Emissionen verfälscht werden. Die Deutsche Umwelthilfe hat aufgrund der zu schlechten Luft in vielen deutschen Städten Klage eingereicht. In Hamburg, Stuttgart, Darmstadt und Berlin gibt es bereits Diesel Fahrverbote. Mit weiteren ist zu rechnen. Diesel bis zur Abgasnorm Euro 4 sind von den Verboten grundsätzlich betroffen, in den meisten Städten auch Euro 5 Diesel. Je nach Stadt sind auch Benziner mit der Abgasnorm Euro 2 oder schlechter von Fahrverboten berührt.
Die Wertverluste, die Opel in den letzten Jahren durch die offiziellen Rückrufe erfahren musste, sind ebenfalls nicht zu unterschätzen.
Was können betroffene Opel-Fahrer tun?
Geschädigte Fahrer haben Nachbesserungsansprüche gegenüber den Verkäufern.
Betroffene haben die Möglichkeit, ihr Auto reparieren beziehungsweise ausbessern zu lassen oder auf Schadensersatz für ihren Diesel zu klagen. Ist das betroffene Fahrzeug finanziert, kann der Kaufvertrag unter gewissen Bedingungen auch durch einen Widerruf rückabgewickelt werden.
Im August 2018 wurde die erste Schadensersatzklage eingereicht. Der Geschädigte kaufte 2017 für rund 20.000 Euro einen Opel Insignia. Nachdem öffentlich bekannt wurde, dass auch im Insignia eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut worden war, wandte sich der Betroffene an einen Anwalt.
Vor dem Landgericht Offenburg verklagte der Käufer den Händler auf eine Rückzahlung des Kaufpreises ohne eine Nutzungsentschädigung. Vom Hersteller selbst verlangte der Käufer wegen einer sittenwidrigen und vorsätzlichen Schädigung Schadensersatz. Hier steht das Urteil noch aus. Zudem werden noch weitere Entscheidungen im Rahmen des Opel Abgasskandals erwartet.
Wie können Opel-Fahrer ihr Fahrzeug überprüfen?
Für Opel-Fahrer ist es schwierig zu prüfen, ob ihr eigenes Fahrzeug auch vom Abgasskandal betroffen ist. Eine Prüfung und Ersteinschätzung können sie aber über Rechtsanwälte in Anspruch nehmen. Häufig werden Daten wie das Modell, die Seriennummer und das Herstellungsjahr benötigt. Ebenfalls kann eine Betroffenheit mithilfe der Fahrzeug-Identifikationsnummer (FIN) festgestellt werden.
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