Ermessen
Entscheidungsspielraum einer Verwaltungsbehörde.
Vor allem im Verwaltungsrecht spielt das Ermessen eine große Rolle. Oft besitzen Verwaltungsbehörden bestimmte Entscheidungsspielräume bei der Anwendung einer Rechtsgrundlage. Dies bedeutet, dass die Behörde zwischen mehreren möglichen Entscheidungen wählen kann, die sie für angemessen hält. Oft wird der Ermessensspielraum durch Sätze wie „die Behörde kann“ angedeutet. Es besteht keine Verpflichtung zu einer bestimmten Handlung, sondern nur eine Möglichkeit. Wenn eine Norm detailliert vom Gesetzgeber verfasst wird, existiert hingegen kein Entscheidungsspielraum.
Beispiel für eine festgelegte Norm: Person A wird mit 70 Km/h innerorts geblitzt. Die Norm besagt, dass bei einer innerörtlichen Überschreitung der Geschwindigkeitsgrenze von 16 bis 20 km/h ein Bußgeld von 35 Euro fällig wird. Die Behörde ist dabei an die Regelung und den Betrag gebunden.
Beispiel für eine Beurteilung auf Ermessensbasis: Während der Corona-Krise gilt in manchen Städten eine Ausgangsbeschränkung, beispielsweise auch in Berlin. Bei Verstößen droht ein Bußgeld zwischen 25 und 500 Euro. Die Behörde kann ein Bußgeld erheben, aber in welcher Höhe und ob überhaupt ein Bußgeld angesetzt wird, liegt im Ermessensspielraum dieser.
Der Begriff des Ermessens wird seltener auch im Strafrecht angewendet, unterscheidet sich jedoch in seiner Handhabung vom verwaltungsrechtlichen Ermessen. Hier entscheidet die Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Verfahrens nach eigenem Ermessen.
Warum haben Verwaltungsbehörden überhaupt ein Ermessensspielraum?
Da der Gesetzgeber nicht alle Möglichkeiten eines regelbedürftigen Sachverhaltes voraussehen kann, darf die Verwaltung innerhalb der gesetzlichen Norm und ohne Willkür selbst über die Maßnahmen entscheiden. So kann die Verwaltung von Fall zu Fall entscheiden und der Situation angepasst handeln.
Im Ermessensspielraum unterscheidet man, ob die Verwaltung die Schritte überhaupt treffen will (Entschließungsermessen) oder welche der möglichen Maßnahmen sie ergreifen will (Auswahlermessen). Die Behörden haben dabei die vom Gesetz festgelegten Grenzen einzuhalten.
Durch den Einsatz von Ermessensspielräumen sind allerdings auch Nachteile für die Bevölkerung möglich. Insbesondere betreffen diese die Möglichkeit des Verlustes der Rechtssicherheit. Der Bürger kann also Sachverhalte nicht voraussehen, da der Gesetzestext eine Entscheidung offen lässt. Aus diesem Grund haben Bürger ein Recht auf die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung. Es wird untersucht, ob der Verwaltung bei der Einschätzung Fehler unterlaufen sind. Wenn sich herausstellt, dass ein Ermessensfehler begangen wurde, ist dieser vor Gericht angreifbar.
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